Emil Nolde
Der deutsche Maler Emil Nolde (* 7. August 1867 als Hans Emil Hansen in Nolde, Gemeinde Buhrkall; † 13. April 1956 in Seebüll, Neukirchen, Nordfriesland) war einer der führenden Maler des Expressionismus. Er ist einer der großen Aquarellisten in der Kunst des 20. Jahrhunderts. Nolde ist bekannt für seine ausdrucksstarke Farbwahl.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Jugendjahre und Ausbildung
Emil Nolde wurde einige Kilometer östlich von Tondern im Ortsteil Nolde von Buhrkall als viertes von fünf Kindern am 7. August 1867 geboren. Sein Geburtsort Buhrkall gehörte bis 1920 zu Preußen und somit zum Deutschen Reich, danach wurde es dänisch, und Nolde erhielt die dänische Staatsbürgerschaft, die er bis an sein Lebensende behielt. Sein Vater war Nordfriese und stammte aus der Gegend um Niebüll; er sprach nordfriesisch, seine Mutter sprach sønderjysk. Emil Nolde besuchte deutsche Schulen und sah seine Herkunft als eine „Mischung aus Schleswigerin und Friesenblut“. Seine Jugendjahre auf dem elterlichen Hof in Nolde waren geprägt von der harten Arbeit und dem relativ kargen Leben. Er war der jüngste von drei Brüdern und hatte eine jüngere Schwester.
Von 1884 bis 1891 ließ er sich als Schnitzer und Zeichner an der Kunstgewerbeschule in Flensburg (heutiger Museumsberg Flensburg) ausbilden. Er war dort an der Restaurierung des Brüggemann-Altars beteiligt. Seine Wanderjahre verbrachte er unter anderem in München, Karlsruhe und Berlin.
Malerei
Seit 1902 nannte er sich nach seinem nordschleswigschen Heimatdorf. Um 1903 malte Nolde noch „lyrische“ Landschaften. Von 1906 bis 1907 war er Mitglied der Künstlergruppe Brücke und begegnete in Berlin Edvard Munch. In der kurzen Zeit, in der er Brücke-Mitglied war, brachte er die Radierung in die Gemeinschaft und vermittelte Kontakte zu dem Hamburger Sammler und Kunstmäzen Gustav Schiefler. 1909 wurde Nolde Mitglied der Berliner Secession.
Die ersten religiösen Bilder entstanden: Abendmahl, Pfingsten, Verspottung. Zwischen 1910 und 1912 hatte er erste Erfolge mit Ausstellungen in Hamburg, Essen und Hagen. Bilder vom Nachtleben in Berlin, wo er gemeinsam mit seiner Frau Ada regelmäßig die Wintermonate verbrachte, Theaterzeichnungen, Maskenstillleben, 20 „Herbstmeere“, das neunteilige „Das Leben Christi“ entstanden. Von Herbst 1913 bis Ende August 1914 unternahm er als Mitglied der Medizinisch-demographischen Deutsch-Neuguinea-Expedition des Reichskolonialamtes eine Reise in die Südsee, auf der Rückreise brach der Erste Weltkrieg aus. Nolde zog 1916 nach Utenwarf an der Westküste nahe Tondern und der Wiedau. Die heftigen Auseinandersetzungen um die deutsch-dänische Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg waren ihm zuwider, und obwohl er sich als Deutscher fühlte, nahm er komplikationslos die dänische Staatsbürgerschaft an, als sein Geburtsort nach der Volksabstimmung in Schleswig 1920 an Dänemark fiel.
Seebüll
Erst als das Land um Utenwarf zunehmend erschlossen und entwässert wurde, zog er mit seiner dänischen Ehefrau Ada Vilstrup (sie heirateten 1902) auf die deutsche Seite der Grenze, da ihn dort die Landschaft an seine Heimat bei Nolde erinnerte. Das Ehepaar erwarb 1926 eine leerstehende Warft, welche sie Seebüll nannten und auf welcher bis 1930 das gleichnamige Wohn- und Atelierhaus des Malers erbaut wurde, gelegen nahe Neukirchen im Kreis Nordfriesland, Amt Wiedingharde. Man wohnte zunächst in dem benachbarten Bauernhaus 'Seebüllhof', welches gemeinsam mit der Warft und den umliegenden Weideflächen erworben wurde. Der Umzug in das neu erbaute Haus 'Seebüll' erfolgte im Jahr 1930. Das Haus bot Platz für ein Atelier sowie einen Galerieraum, den 'Bildersaal' (errichtet 1937). Neben dem Haus legten Ada und Emil Nolde einen Garten an, dessen Wege in Form der Anfangsbuchstaben E und A verlaufen. Anwesen und künstlerischer Nachlass wurden Ausgangsvermögen der "Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde". Haus Seebüll wird heute als Museum genutzt: In jährlichem Wechsel wird ein Querschnitt durch das Gesamtwerk des Malers gezeigt, rund 160 Arbeiten; im ehemaligen Atelier des Malers hat sein bedeutendstes religiöses Werk - das neunteilige Altarwerk "Das Leben Christi" von 1911/12 - seinen festen Platz gefunden. Zu seinem 60. Geburtstag wurde ihm 1927 eine Jubiläumsausstellung in Dresden gewidmet.
Im Nationalsozialismus
Nolde war früh der Überzeugung, die „germanische Kunst“ sei allen anderen weit überlegen. Er wurde 1934 Mitglied der Nationalsozialistischen Arbeitsgemeinschaft Nordschleswig (NSAN), welche im Zuge der Gleichschaltung in die NSDAPN, der dänischen Sektion der NSDAP, eingegliedert wurde. Nolde war auch antisemitisch eingestellt, wie aus seinem Buch Jahr der Kämpfe hervorgeht, das 1934 erschien. <ref>s. Jahre der Kämpfe. Rembrandt Verlag, Berlin 1934 s. 101 und auch in der Glosse der Zeit vom 31.7.2008.</ref> Er kämpfte gegen jüdische Kunsthändler wie Paul Cassirer und Maler wie Max Liebermann. Er wandt sich auch gegen Bestrebungen, moderne französische Malerei wie den Impressionismus, den Kubismus, den Surrealismus, den Fauvismus und den Primitivismus im deutschen Kunsthandel anzubieten. Nolde war daher sehr überrascht, dass seine Werke von den Nationalsozialisten als Entartete Kunst diffamiert wurden – sein Leben Christi bildete den Mittelpunkt der nationalsozialistischen Propagandaausstellung „Entartete Kunst“. Über tausend Bilder Noldes wurden beschlagnahmt, zum Teil verkauft und zum Teil zerstört. Das Malverbot, das 1941 über ihn verhängt wurde, bewog ihn, sich verbittert nach Seebüll zurückzuziehen. Dort malte er heimlich kleinformatige Aquarelle, die er später als seine Ungemalten Bilder bezeichnete. Diese umfassten mehr als 1300 Blätter. Die Bezeichnung „ungemalt“ lässt sich wie folgt erklären: Die Aquarelle hätten nie entstehen dürfen (Noldes Kunst galt als „entartet]“, er hatte Malverbot). Die Skizzen sollten später in Öl umgesetzt werden, jedoch äußerte Nolde: „Wenn ich sie alle malen sollte (in Öl), müsste meine Lebenszeit mehr als verdoppelt werden.“ Die „ungemalten Bilder“ waren im Geheimen geschaffen und im Geheimen bewahrt. Der künstlerische Prozess, Absichten und Gedanken wurden in den „Worten am Rande“ auf Zetteln festgehalten.
1944 wurde Noldes Wohnung in Berlin durch Bomben zerstört.
Die späten Jahre
Nach 1945 erhielt Nolde zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen. Im Jahr 1946 starb seine Frau, und zwei Jahre später heiratete er die 26-jährige Jolanthe Erdmann, Tochter des Komponisten und Pianisten Eduard Erdmann. Bis 1951 malte er noch über 100 Gemälde und bis 1956 viele Aquarelle. Emil Nolde war Teilnehmer der documenta 1 (1955), seine Werke wurden dann auch postum noch auf der documenta II (1959), und auch auf der documenta III im Jahr 1964 in Kassel gezeigt. Emil Nolde starb am 13. April 1956 in Seebüll, wo er – neben seiner 1946 verstorbenen Frau Ada – seine letzte Ruhestätte fand.
Ehrungen
- 1949: Stefan-Lochner-Medaille der Stadt Köln
- 1950: Biennale-Preis für das grafische Werk
- 1952: Pour le mérite für Wissenschaften und Künste]
- 1952: Kulturpreis der Stadt Kiel
Sein Nachlass
Aus seinem Nachlass entstand 1957 die Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde (Nolde Stiftung), die im ehemaligen Wohnhaus des Malers das Nolde Museum errichtete. Die Stiftung präsentiert dort in jährlich wechselnden Ausstellungen Noldes Werk. Die Ausstellungen ziehen jedes Jahr rund 100.000 Besucher an. Zum 50. Todesjahr Noldes war die Ausstellung 2006 dem Alterswerk gewidmet. Seit 2007 gibt es eine Berliner Dependance der Stiftung in der Jägerstraße 54/55 am Gendarmenmarkt.
Das Werk Noldes umfasst neben Gemälden auch Lithografien und klein- bis großformatige Aquarelle. Seine Motive sind sehr vielfältig, er malte unter anderem Landschaften, religiöse Motive oder das Berliner Nachtleben. Bekannt wurde er auch durch die Aquarelle von seiner Südsee-Reise als Mitglied der medizinischen „Deutsch-Neuguinea-Expedition“, die ihn durch Moskau, Sibirien, Korea, Japan und China führte. In den Blumen-Aquarellen konnte Nolde seine Vorstellung von der Musikalität und der absoluten Wirkung der Farben realisieren, ohne die Bindung an die Natur zu verlieren. Er selbst sagte zur Bedeutung von Farben für sein Werk: Ich liebe die Musik der Farben … Die Farben sind meine Noten, mit denen ich zu- und gegeneinander Klänge und Akkorde bilde.
In der Literatur
Das Leben Emil Noldes in der Zeit des „Malverbots“ seit 1941 spiegelt sich in dem Roman Deutschstunde von Siegfried Lenz wider.
Werke (Auswahl)
Bilder
Der Hamburger Richter und Kunstsammler Gustav Schiefler erstellte den ersten zweibändigen Katalog des Graphischen Werkes von Nolde.
- um 1903 – Wassermühlen, Ruttebüllkoog, Privatbesitz
- 1905 – Piazza San Domenico II, Düsseldorf, Kunstmuseum
- 1908 – Blumengarten, Düsseldorf, Kunstmuseum
- 1909 – Pfingsten, Berlin, Neue Nationalgalerie
- 1909 – Verspottung Christi, Berlin, Brücke-Museum
- 1910 – Tanz um das Goldene Kalb, München, Pinakothek der Moderne
- 1910 – Bauernhof, Flensburg, Museumsberg Flensburg
- 1910 – Herbstmeer I, Dortmund, Museum am Ostwall
- 1910 – Herbstmeer XI, Kunsthaus Zürich
- 1910/14 – Fremde Vögel-Tropenvögel, Aquarell, ganzseitige Abbildung Nr. 13 in: Emil Nolde: Jahre der Kämpfe, 1934
- 1911 – Im Café, Essen, Folkwang-Museum
- 1912 – Heilige Maria von Ägypten, Essen, Folkwang-Museum
- 1912 – Maria Ägyptiaca (Triptychon), Hamburg, Hamburger Kunsthalle (davor Sammlung Heinrich Kirchhoff)
- 1915 – Figur und Blumen, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Gm 1859 (Leihgabe aus Privatbesitz)
- 1915 – Die Zinsmünze, Kiel, Kunsthalle Kiel
- 1915 – Herrenbildnis I (Sammlung Rauert)
- 1919 – Der Schwärmer, Hannover, Sprengel-Museum
- 1919 – Nadja, Öl auf Leinwand, 40 x 25 cm, (Erben Rathenau, Am 12. Juni 2007 für 2,15 Mio. Euro versteigert.)
- um 1920 - Knabenkopf, Aquarell u.Tusche, 29,4 x 22,6 cm (eines der wenigen Kinderportraits in Noldes Œuvre)
- 1922 – Landschaft mit Bauernhaus, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Gm 1690 (Leihgabe aus Privatbesitz)
- 1930 – Rote Hagebutten mit grünen und gelben Blättern und braungelben Gräsern, Aquarell auf Japan
- Um 1930 – Tiefblaues Meer unter gelb-violettem Himmel, Aquarell. Rechts unten signiert. Auf Japan, 32,5 x 46 cm.
- 1936 – Hohe See, Öl auf Leinwand, 73,5 x 99,5 cm
- 1937 – Gelbe und hellrote Dahlien, Flensburg, Museumsberg Flensburg
- 1940 – Hohe Wogen, Flensburg, Museumsberg Flensburg
- 1940 – Der große Gärtner, Hannover, Sprengel-Museum
- 1942 – Großer Mohn, rot, rot, rot , Neukirchen, Nolde Museum
- 1947 – Ferne Mädchen, Mannheim, Kunsthalle Mannheim]
- 1947 – Meer und Boot mit braunem Segel, Aquarell auf Japan
- 1948 – Bewegtes Meer, Kiel, Kunsthalle Kiel
1941–1945, Aquarelle »Ungemalte Bilder« (Zeit des Malverbots)
- Waldschrat
- Fremde Menschen
- Ferne Mädchen
Texte
- Briefe aus den Jahren 1894–1926 Hrsg. von Max Sauerlandt, Furche Verlag, Berlin 1927
- Das eigene Leben. Bard, Berlin 1931
- Jahre der Kämpfe. Rembrandt Verlag, Berlin 1934
- Emil Nolde: Erinnerungen. Eine Kassette die folgende vier Teile enthält (Das eigene Leben; Jahre der Kämpfe; Welt und Heimat; Reisen, Ächtung, Befreiung). Du Mont Verlag, Köln 2002, ISBN 978-3-8321-7171-1
- Mein Leben, DuMont Buchverlag, Köln 1976, ISBN 3-7701-0913-9, die Neuauflage 2008 ( die 8.)mit der ISBN 3-7701-0913-9
- Emil Nolde: Begegnung mit dem Nordischen (Ausstellungskatalog Kunsthalle Bielefeld; herausgegeben von Jutta Hülsewig-Johnen) Verlag Kerber, 2008. Bebildert. 192 Seiten, ISBN 3-86678-129-6
Literatur
- Dietmar Elger: Expressionismus. Taschen Verlag, Köln 1988, ISBN 3-8228-0093-7
- Monika Hecker: Ein Leben an der Grenze. Emil Nolde und die NSDAP. In: Nordfriesland 110.1995, S. 9–15.
- Ursula Peters: Moderne Zeiten. Die Sammlung zum 20. Jahrhundert, in Zusammenarbeit mit Andrea Legde, Nürnberg 2000 (Kulturgeschichtliche Spaziergänge im Germanischen Nationalmuseum, Bd.3), insb. S. 11–120 passim.
- Christian Saehrendt: Die Kunst der „Brücke“ zwischen Staatskunst und Verfemung. Expressionistische Kunst als Politikum in der Weimarer Republik, im „Dritten Reich“ und im Kalten Krieg, Stuttgart 2005, in der Reihe Pallas Athene. Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, hrsg. von Rüdiger vom Bruch und Eckart Henning, Bd. 13
- Katja Schneider (Hrsg.): Ausstellung Nur für Ihre Frauen, Schmuck von Karl Schmidt-Rottluff, Emil Nolde, Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner. Halle (Saale), Stiftung Moritzburg, 2003, ISBN 3-86105-137-0
- Martin Urban: E. Nolde. Landschaften. Aquarelle und Zeichnungen. Köln, Dumont Literatur und Kunst Verlag; 1969 1. Auflage, 3. Aufl. 2005, ISBN 3-8321-3298-8
- Martin Urban: Emil Nolde. Werkverzeichnis der Gemälde (2 Bände). C.H. Beck Verlag, München, 1987 und 1990, ISBN 3-406-32538-6
- „Emil Nolde – Die Südseereise“, Dumont 2008, ISBN 978-3-8321-9083-5 (Ausstellungskatalog)
Quelle
Wikipedia - Die freie Enzyklopädie
Weblinks
- Wikiquote: Emil Nolde
- Commons: Emil Nolde
- Literatur von und über Emil Nolde im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Informationen zu Nolde, Emil im BAM-Portal
- Nolde-Museum, Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde
- Schlaglichter auf Emil Noldes Leben im Virtuellen Museum vimu.info
- Emil Nolde unzensiert: Auszüge aus der Originalausgabe seiner Autobiografie
- eine Glosse der Zeit vom 31. Juli 2008 über Noldes Vertuschungen und die des Herausgebers des langjährigen Direktors der Noldestiftung in Seebüll, Martin Urban
- Tabellarische Biografie und Werke
- Biografie in gdk Galerie der Künstler
- Werke in gdk Galerie der Künstler